Der vergessene Fliegerhorst Schönwalde

Versteckt zwischen Bäumen, nur wenige Kilometer nordwestlich von Berlin, liegt ein Ort, der Geschichte atmet: der ehemalige Fliegerhorst Schönwalde. Einst eine Hochburg der Luftwaffe, später von sowjetischen Truppen genutzt – heute ein stiller, fast mystischer Lost Place.

Wer durch die zerfallenen Gebäude wandert, spürt förmlich den Hauch der Vergangenheit. Doch dieses Gelände ist mehr als nur Ruine: Es erzählt Geschichten von Macht, Wandel und einem möglichen Neuanfang.

Was passierte bis 1945?:

Die Geschichte des Fliegerhorsts beginnt 1935. Das Reichsluftfahrtministerium kaufte größere Geländestücke im Bereich des späteren Flugplatzes und begann mit der Errichtung von den ersten Holzbaracken für die Unterbringung der Arbeiter sowie Entwässerung des Flugfeldes. Es entstand zuerst ein Sportflugplatz der "Fliegergruppe Henningsdorf", ab den 01. Januar 1936 wurde es als Fliegerhorst genutzt. Es gab dann eine betonierte und beleuchtete Start-Landebahn, sowie Funkfeuer und mehreren Flugzeughallen.

Im Zuge der massiven militärischen Aufrüstung unter dem NS-Regime wurde das Areal innerhalb weniger Jahre zu einem der größten Ausbildungsstandorte der Luftwaffe ausgebaut. Über 100 Gebäude entstanden: Kasernen, Flugzeughallen, Schulungsräume, Offizierskasino, ein Lazarett, Kino und sogar ein Freibad.

Schon 1936 war die Flugzeugführerschule A/B 11 in Betrieb – eine zentrale Ausbildungsstätte für angehende Kampfpiloten. Zwischen 3.000 Soldaten und 500 Zivilisten lebten und arbeiteten hier.

Eine Kuriosität am Rande: In einem eigens angelegten Stall wurden Angorakaninchen gehalten – ihre Wolle wurde für die Pullover der Piloten genutzt.

1943 gab es dann Vorabeiten für eine zweite Start- und Landebahn. Im Januar 1945 wurde das Offizierskasino durch eine amerikanische Luftmine zerstört.

Was passierte nach dem Zweiten Weltkrieg?:

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verlässt die Luftwaffe am 22. April 1945 den Fliegerhorst. Am 24. April 1945 übernahmen sowjetische Truppen den Fliegerhorst nahezu kampflos. Aus dem einst deutschen Luftwaffenstützpunkt wurde nun ein sowjetischer Militärstandort – zunächst für Luftstreitkräfte, später als Kaserne für die 25. Garde-Panzerdivision.

Der Kalte Krieg schrieb hier ein neues Kapitel. Zeitzeugen berichten von martialischen Paraden, militärischer Disziplin und strikter Geheimhaltung. Während der Ort für Außenstehende abgeschottet blieb, wurde er für Generationen von Soldaten zur Heimat auf Zeit.

Der Verfall beginnt:

Mit dem Abzug der sowjetischen Truppen in 1992 / 1993 begann der Dornröschenschlaf. Zurück blieben leere Gebäude, zurückgelassene Möbel, zerschlagene Fenster – und eine beklemmende Stille. Vandalismus und der Zahn der Zeit nagten an den einst imposanten Bauten. Die Natur holte sich langsam zurück, was einst zubetoniert war.

Was bleibt, ist ein verwunschener Ort. Noch heute zeugen über 50 Ruinen von der einstigen Größe: das OP-Zentrum mit leerem OP-Tisch, verlassene Theaterbühnen, Flugzeughangars, in denen das Gras durch die Betonrisse wächst – und auf den Wänden russische Graffiti, die von einer anderen Welt erzählen.

Zukunft oder Zerstörung?

Seit 2018 wird intensiv über die Zukunft des Geländes diskutiert. Ein Investor plant ein neues Wohnquartier – „Erlenbruch“. Bis zu 1.500 neue Wohneinheiten sollen entstehen. Ziel ist es, ein ganz neues Stadtviertel zu erschaffen – mit Kitas, Einkaufsmöglichkeiten und einer modernen Infrastruktur.

Doch dieser Plan ist umstritten. Naturschützer, Denkmalpfleger und Anwohner befürchten den Verlust eines wichtigen historischen Ortes. Denn viele der Gebäude könnten der Entwicklung weichen. Der Charme des Verfalls würde dann verschwinden – und mit ihm ein Stück Zeitgeschichte.

Tipps für deinen Besuch

Falls du selbst den Fliegerhorst entdecken möchtest, hier ein paar Hinweise:

  • Sicherheitsvorkehrungen: Viele Gebäude sind einsturzgefährdet – festes Schuhwerk und Vorsicht sind geboten

  • Respektiere die Geschichte: Kein Vandalismus, kein Mitnehmen von Objekten

  • Kamera nicht vergessen! Du wirst einzigartige Motive finden – von morbiden Details bis zu monumentalen Ruinen

Unsere Dokumention zu diesem Ort:

🎥 YouTube: Der vergessene Fliegerhorst Schönwalde – Urbex Tour

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